Lokales Verteilnetz als Quartiernetz-Infrastruktur
Innerhalb der Quartierstrom-Gemeinschaft in Walenstadt wird lokal produzierter Solarstrom in der Nachbarschaft gehandelt. Für die Stromübertragung stellt das Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt sein Verteilnetz zur Verfügung. Weil nur die unterste Netzebene beansprucht wird, werden tiefere Netzentgelte erhoben, als wenn der Strom von weither transportiert werden müsste.
Der Eigenverbrauch von Solarstrom ist seit 2018 auch über die Grundstückgrenzen hinweg gesetzlich verankert. Um den Strom von einer zur anderen Liegenschaft zu leiten, werden bei neuen Überbauungen in der Regel private Stromleitungen erstellt. Dabei wird ein lokales Netz aufgebaut, das nur über einen Anschluss an das öffentliche Netz verfügt. Ein Beispiel ist das Energiequartier Hohlen in Huttwil. Wird Solarstrom innerhalb eines solchen privaten Netzes ausgetauscht, fallen keine Netznutzungsgebühren und Abgaben an. Der Solarstrom wird somit wirtschaftlich attraktiv.
Über Verteilnetz verbunden
In einem bestehenden Quartier, in dem bereits alle Liegenschaften über das lokale Verteilnetz des Elektrizitätsversorgers erschlossen sind, wäre der Aufbau privater Verbindungsleitungen wirtschaftlich nicht sinnvoll. Um trotzdem Solarstrom von einer Liegenschaft zur anderen übertragen zu können und somit das Pilotprojekt mit lokalem Energiehandel zu ermöglichen, stellt das Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW) für das Projekt «Quartierstrom» seine Verteilnetzinfrastruktur zur Verfügung. Der Netzanschlusspunkt wird dabei auf die Stufe der Verteilkabine verschoben. So bildet sich hinter der Verteilkabine ein Quartiernetz mit einem «virtuellen» Messpunkt gegenüber dem Energieversorger und das WEW kann Strombezug und Einspeisung der Quartierstrom-Gemeinschaft als Ganzes abrechnen.
Reduzierte Netznutzungsgebühren im Quartiernetz
Den grössten Teil der innerhalb von Quartierstrom verbrauchten Energie nutzen die Prosumenten direkt im eigenen Haushalt. Dieser Eigenverbrauch ist per Gesetz von den Netznutzungsgebühren und Abgaben befreit. Für die Übertragung des Solarstroms, der innerhalb des Quartiernetzes gehandelt wird, erhebt das WEW eine Netznutzungsgebühr von knapp 6 Rappen pro Kilowattstunde – den Tarif für die untersten Netzebene 7. Die Netzentgelte für die oberen Netzebenen 1 bis 6 werden hingegen nicht verrechnet. Nur so ist der lokal produzierte Solarstrom preislich attraktiv – für Prosumenten und Konsumenten. Auch physikalisch lässt sich dieser Ansatz begründen: Der lokal vermarktete Solarstrom bleibt auf der untersten Netzebene, da sich die Elektronen immer den kürzesten Weg suchen.
Doch unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen die vollen Netznutzungsgebühren geleistet werden, sobald der Strom übers öffentliche Netz transportiert wird – und das Verteilnetz des WEW ist Teil des öffentlichen Netzes. Deshalb werden am Ende des einjährigen Pilotversuchs die Netzentgelte der übergeordneten Netzebenen aus dem Projektbudget beglichen.
Grafik: Für den Solarstrom, der innerhalb der Quartierstrom-Gemeinschaft gehandelt wird, wird nur der Netznutzungstarif der Netzebene 7 verrechnet. Kommt der Strom vom Energieversorger, werden die ganzen Netznutzungsgebühren fällig.(Quelle: ETHZ, Quartierstrom)