Datenflut und Energieschleuder?

Eine Blockchain verbraucht enorm viel Strom – eine Kritik, die oft zu hören ist. Nutzt Quartierstrom eine energieintensive Technik, obwohl das Projekt das Management von Strom aus erneuerbaren Quellen erforscht?

Damit der Stromhandel von Quartierstrom funktioniert, müssen die Validierungsknoten beurteilen können, wer wem was schuldet. Deshalb kennen alle Knoten alle vorangegangenen Transaktionen vom Moment weg, als Quartierstrom seinen Betrieb aufgenommen hat. «Daraus errechnen sie den aktuellen Status des Systems», erklärt Arne Meeuw von der Hochschule St. Gallen. Dass alle beteiligten Rechner für jede Transaktion die ganze Marktlogik ausführen müssen, kann zu grossem Rechenaufwand führen. Das ist bei riesigen, komplexen Blockchains wie zum Beispiel jener der Kryptowährung Bitcoin der Fall. «Das ist ein Nachteil der Blockchain-Technologie», stimmt Meeuw zu. «Im Gegensatz zu Bitcoin ist die Marktlogik von Quartierstrom allerdings simpel. Der Rechenaufwand ist klein und es entstehen nur geringe Datenmengen», ergänzt er. Im ersten halben Jahr haben sich rund 1200 Megabyte angesammelt.

Verschiedene Blockchain-Mechanismen
Oft werden Blockchains für ihren hohen Energieverbrauch kritisiert – vor allem die bekannteste aller Blockchains, jene der Kryptowährung Bitcoin. Meeuw relativiert: «Der Energieverbrauch verschiedener Blockchains ist sehr unterschiedlich.» Für eine Bitcoin-Transaktion muss ein sogenanntes Proof of Work durchgeführt werden. Dieses dient dazu, das Vertrauen innerhalb der Blockchain herzustellen. So funktioniert es: Will jemand Bitcoins kaufen oder verkaufen, überprüfen sogenannte Miner die Transaktion. Dafür müssen sie ein aufwendiges mathematisches Rätsel lösen, was viel Energie verbraucht. Erst wenn ein Miner das Rätsel gelöst hat, wird die Transaktion akzeptiert und der Blockchain zugefügt. Hinzu kommt, dass sich bei Bitcoin grundsätzlich jeder dem System anschliessen, muss sich aber das Vertrauen erarbeiten. Das Quartierstrom-System hingegen ist geschlossen. Will sich jemand anschliessen, müssten die anderen Teilnehmenden diesem Beitritt zustimmen.

Weniger Energie dank «Demokratie»
Die Quartierstrom-Blockchain vertraut auf einen anderen Mechanismus. «Wir führen kein Proof of Work durch», erklärt Meeuw. «Das macht bei einer privaten Blockchain keinen Sinn.» Bei Quartierstrom werden die Transaktionen nicht über aufwendige Rechenaufgaben freigegeben. «Die Knoten stimmen über einen vorgeschlagenen Energiehandel ab», sagt Meeuw. Sind zwei Drittel der Knoten einverstanden, werden die Transaktionen abgeschlossen. Dieser Proof-of-Stake-Mechanismus verbraucht nur wenig Rechenkapazität. Die kleinen Computer, die als Smartmeter und Blockchainknoten dienen, brauchen mit einer Leistung von etwa 7 Watt nur sehr wenig Strom. Hochgerechnet auf den einjährigen Pilotversuch wird der Betrieb der Blockchain nur rund 1,6 Prozent der gesamten Solarstromproduktion der Gemeinschaft konsumieren. Meeuw sieht zudem Potenzial, den Verbrauch weiter zu senken: «Die Geräte sind nicht für ihre Rolle in Quartierstrom optimiert. Falls das System einst in grösserem Massstab und nicht als Forschungsprojekt eingesetzt wird, kann der Stromverbrauch der einzelnen Knoten noch wesentlich gesenkt werden.»

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