Offen sein für Neues

Christian Dürr

Warum können Projekte wie «Quartierstrom» für Energieversorger interessant sein? Brechen nicht die Kunden ein? Christian Dürr, Geschäftsleiter des Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW) gibt Antwort.

Die Quartierstrom-Gemeinschaft handelt den vor Ort produzierten Strom untereinander – und zwar direkt, ohne den Energieversorger als Zwischenhändler. Ist das Projekt nicht eine Konkurrenz zu Ihrem Kerngeschäft, Strom zu verkaufen?

Christian Dürr: Der Energiehandel ist für uns bereits heute nicht mehr interessant – er bringt null Wertschöpfung. Als Wiederverkäufer können wir der eingekauften Kilowattstunde keinen Mehrwert hinzufügen.

Wie wollen Sie in Zukunft Geld verdienen?

Bereits heute bauen wir für Kunden Solaranlagen und versehen diese mit intelligentem Energiemanagement. In Zukunft sehe ich unsere Rolle vermehrt als Infrastrukturbetreiber, nicht nur der lokalen Verteilnetze, sondern auch in Gebäuden. Dabei können wir auch als Energiedienstleister auftreten, der die Systeme überwacht, optimiert und ein ganzheitliches Energiemanagement übernimmt. Grundsätzlich könnten wir als Energieversorger auch Lösungen wie «Quartierstrom» anbieten.

Warum machen Sie beim Projekt mit?

Das Energiesystem wandelt sich von zentral zu dezentral, unsere Konsumenten werden autonomer, die Märkte volatiler und liberalisiert. Das passiert sowieso. Ebenso dürfen wir die Technologiefortschritte bei Batterien, Energiemanagement oder Elektromobilität nicht ausser Acht lassen bei. Als Elektrizitätsversorger und Netzbetreiber sind wir gefordert, längerfristig andere Abrechnungssysteme zu entwickeln und die Netzinfrastruktur zu überdenken. Nur wenn wir offen sind für neue Lösungen ist Innovation möglich. Wir wollen nicht einfach zuschauen, sondern unsere Zukunft aktiv mitgestalten.

Welche Antworten erwarten Sie von «Quartierstrom»?

Ich bin gespannt, wie sich unsere Kunden als Quartierstrom-Teilnehmende im lokalen Markt verhalten. Wie nutzen sie das Portal? Gestalten sie den Markt aktiv mit oder stellen sie ihre Präferenzen einmal ein und vergessen sie es dann? Daraus kann ich Rückschlüsse ziehen, wo wir mit Dienstleistungen ansetzen könnten. Interessant wird generell sein, wie autark sich das Quartier versorgen kann.