Die Rolle von Speichern im Quartiernetz

Sandro Schopfer vor Quartierspeicher

Im Juni wird in Zusammenarbeit mit der Edion AG ein grosser Energiespeicher in das Quartierstrom-Netz integriert. Er speichert den Solarstrom erst, wenn dieser innerhalb der Gemeinschaft keine Abnehmer findet. So erhöht sich die Unabhängigkeit des Quartiers vom Stromversorger.

Batterien gelten als wichtige Komponente des zukünftigen Energiesystems: Sie speichern dezentral erzeugten, überschüssigen Solarstrom für einige Stunden, um ihn dann abends oder bei schlechtem Wetter wieder abzugeben. Solche Systeme sind bereits auf dem Markt erhältlich und zum Beispiel in Deutschland etabliert. Denn dort zahlen sich Batterien wegen der hohen Strompreise aus. In der Schweiz ist der Strom einiges günstiger. Zudem machen hierzulande auch Hoch- und Niedertarif der Wirtschaftlichkeit von Batterien einen Strich durch die Rechnung: Nutzt ein Haushalt abends oder an Wochenenden Strom aus seiner Batterie, ist die Einsparung gegenüber dem Strombezug vom Netz tiefer als zu Hochtarifzeiten.

Statt den Einzelhaushalt die Gemeinschaft im Fokus

Die Produktion von Batterien verbraucht viel Energie und Rohstoffe. Deshalb ist es im Interesse aller, sie in ein bestmögliches System zu integrieren und die Vorteile der Technologie voll auszunutzen. Der gängige Betriebsmodus der Batterie ist in den meisten Fällen sehr simpel: Die Batterie lädt, wenn mehr Strom produziert als verbraucht wird. Entladen wird sie, sobald der Haushalt mehr verbraucht als die Anlage produziert. Dies geschieht meistens am Abend oder bei schlechtem Wetter.

Schliessen sich wie in Walenstadt mehrere Produzenten zu einer Gemeinschaft zusammen, ist diese simple Betriebsform der Batterien nicht optimal. In dieser Konstellation macht es wenig Sinn, dass eine Batterie aufgeladen wird, solange noch jemand im Quartier den Strom direkt verbrauchen kann. Vielmehr sollte die Batterie erst dann geladen werden, wenn die Gemeinschaft als Ganzes Überschüsse produziert und die Preise auf dem lokalen Markt wegen der geringen Nachfrage tief sind. Umgekehrt sollten sie Strom abgeben, wenn die Gemeinschaft nicht oder zu wenig produziert und die Preise höher liegen. Mit diesem Betriebsmodell, bei dem die Batterie auf das Quartier «hört», sollte der Eigenverbrauch innerhalb des Quartiers und die Unabhängigkeit vom Stromversorger steigen. Dieser Ansatz soll ab Juni im «Quartierstrom»-Projekt untersucht werden. Ein grosser Haushaltsspeicher fungiert dazu als virtueller Quartierspeicher.

Mit Peak-Shaving langfristig die Rentabilität steigern

Solange das Geschäftsmodell eines Quartierspeichers allein darauf beruht, den Strom bei tiefen Preisen zu «speichern» und bei hohen Preisen wieder zu «verkaufen», ist es unter den aktuellen Rahmenbedingungen kaum interessant. Gleiches gilt für Heimspeicher. Hinzu kommt, dass beim Quartierspeicher Netzkosten anfallen, wenn er sich lädt – ein weiterer Nachteil für einen wirtschaftlichen Betrieb.

Doch mit einem Quartierspeicher liessen sich weitere Erträge erwirtschaften, wenn man die vermutlich wichtigste und wertvollste Eigenschaft von Batterien nutzt: Ihre schnelle Reaktionszeit. Lithium-Ion-Batterien können in sehr kurzer Zeit (Millisekundenbereich) viel Leistung zur Verfügung stellen und damit Bezugsspitzen aus dem Quartier glätten. Ausserdemkönnen sie günstigen Strom aus der Gemeinschaft beziehen und Produktionsspitzen abfedern. Durch diese kurzfristige Dämpfung von Bezugsspitzen belastet das Quartier die vorliegenden Netzebenen weniger – eine Dienstleistung, die der Verteilnetzbetreiber abgelten könnte. So würde es möglich, die Quartierspeicher auch bei den aktuell hohen Systemkosten in Zukunft wirtschaftlich zu betreiben.

Autor: Sandro Schopfer, Bits to Energy Lab, ETH Zürich

Mehr Informationen: Mehr zur Rentabilität von Speichern finden Interessierte in der wissenschaftlichen Publikation «Economic assessment of photovoltaic battery systems based on household load profiles» von Sandro Schopfer und Verena Tiefenbeck.