Wie ticken die User?
Für die Begleitforschung von «Quartierstrom» ist das Bits-to-Energy-Lab der ETH Zürich zuständig. Um festzustellen, unter welchen Bedingungen nachbarschaftliche Energieverbunde erfolgreich sein können, wird das Nutzerverhalten unter die Lupe genommen. Liliane Ableitner, Doktorandin am Bits-to-Energy-Lab, gibt Auskunft.
Ihr habt die Teilnehmenden bereits in die Entwicklung des Webportals miteinbezogen. Was habt ihr gemacht?
Liliane Ableitner: Das stimmt nicht ganz – um die Teilnehmenden nicht vorzubelasten, haben wir nicht sie, sondern andere Personen eingeladen, um die Bedürfnisse abzuklären. Das waren Leute aus unserem Bekanntenkreis und solche, die eine eigene PV-Anlage haben und sich dadurch gut in die Situation hineinversetzen konnten. In unseren Workshops wurde vor allem diskutiert, was Vor- und Nachteile eines solchen Projekts sind und welche Informationen für die Teilnehmenden wichtig sind.
Was stellte sich dabei als wichtig heraus?
Die Energiedaten stehen im Fokus. Verschiedene Zeiträume sollen angezeigt werden und auch der Vergleich mit anderen Haushalten schien den Teilnehmenden wichtig, um die eigenen Werte in einen Kontext zu setzen. Auch die Frage, ob man den Kauf- bzw. Verkaufspreis selbst setzen können muss, wurde tendenziell mit Ja beantwortet.
Welche Angaben über das Nutzerverhalten stehen euch zur Verfügung?
Wir messen die Stromdaten anhand von Smart Metern, die in den Haushalten installiert sind. Ausserdem werten wir die Logins auf dem Webportal aus, namentlich zu welcher Tageszeit diese erfolgen und welche Preise gesetzt werden. Dazu kommen Angaben, die die Beteiligten in Fragebögen gemacht haben: beispielsweise wie technikaffin sie sind oder wie ihr Risikoverhalten ist. Eine Bewertung des Projekts aus Nutzersicht wird während der einjährigen Laufzeit mehrmals gemacht, dabei geht es um Aspekte wie Zufriedenheit, Nutzerfreundlichkeit oder Lerneffekt. Mit ausgewählten Usern haben wir auch Interviews durchgeführt, um den Beteiligten noch individueller auf den Zahn zu fühlen.
Haben die Informationen über den eigenen Stromverbrauch und die lokale Stromproduktion einen Einfluss auf das Verhalten? Waschen die Beteiligten zum Beispiel häufiger über Mittag?
Dieser Punkt wurde von vielen Teilnehmenden in den Interviews angesprochen. Insbesondere die Prosumenten, also die mit einer eigenen PV-Anlage, versuchen nun, ihren Stromverbrauch nach der Produktion zu richten. Viele gaben an, sich bisher nach den Niedertarifzeiten gerichtet zu haben. Ob das durch das Projekt bedingt ist, können wir nicht genau ermitteln, aber viele sagten, das Projekt habe die Tendenz verstärkt, sich an der Produktion zu orientieren.
Gibt es bereits Erkenntnisse, die euch erstaunen?
Über die Erkenntnisse dürfen wir noch keine Auskunft geben, auch um die Beteiligten nicht zu beeinflussen. Was die Nutzung betrifft, können wir aber bereits sagen, dass wir überrascht sind, wie häufig sich die User einloggen. In anderen Energieprojekten lässt das Interesse der User meistens schnell nach, bei «Quartierstrom» sind aber nach der Halbzeit noch über 80 Prozent der Teilnehmenden aktiv dabei. Es ist auch hocherfreulich, wie gut das Projekt ankommt. Die meisten Interviewten wünschen sich, dass es nicht bei einem Projekt bleibt, sondern dass der lokale Handel die Zukunftslösung ist.