Rückblick auf das Leuchtturmprojekt Quartierstrom, unterstützt vom Bundesamt für Energie BFE
Ziel des Projekts „Quartierstrom“ war, lokal produzierten Solarstrom vor Ort zu verbrauchen. Wer Solarstrom produziert, sollte ihn nicht mehr dem Stromversorger verkaufen, sondern direkt im lokalen Strommarkt, zu einem Preis, der von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Der Handel wurde automatisch über eine Blockchain abgewickelt.
Der erste lokale Strommarkt der Schweiz
Im Rahmen des Projekts „Quartierstrom“ wurde in Walenstadt ein lokaler Strommarkt basierend auf Blockchain aufgebaut und in einem einjährigen Feldversuch von Janur 2019 bis Januar 2020 erprobt.
Der lokale Strommarkt umfasste 37 Parteien, 28 mit eigener Solarstromanlage, neun als reine Konsumente, darunter ein Alters- und Pflegeheim. Im Verlauf des Projekts wurde zudem eine reine Produktionsanlage in den Strommarkt integriert, sowie ein Stromspeicher.
Der lokale Netzbetreiber und Stromversorger, das Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW) stellte sein Verteilnetz für den Pilotversuch zur Verfügung und nahm am lokalen Strommarkt teil, indem es überschüssigen Solarstrom kaufte und Netzstrom lieferte, wenn im Quartier Schwemmiweg zu wenig produziert wird.
Handel über Blockchain
Kauf und Verkauf des Solarstroms wurden direkt unter den Teilnehmenden abgewickelt. Über ein Portal konnten die Produzenten den minimalen Preis für ihren Solarstrom festlegen. Die Konsumenten stellten ein, wie viel sie maximal bereit sind, für den lokalen Strom zu berappen. Der resultierende Handel wurde automatisch über eine Blockchain abgewickelt. In allen teilnehmenden Haushalten wurde hierzu ein Mini-Computer mit integriertem Stromzähler und Blockchain-Software installiert. Diese Blockchain-Knoten gaben viertelstündlich gemäss den individuellen Preiseinstellungen Gebote für den Kauf bzw. den Verkauf von Solarswtrom ab und berechneten nach einem Auktionsmechanismus, wer den Zuschlag zu welchem Preis erhält.
Weitere Informationen zur Funktion der Blockchain und zum Marktmodell sind im Quartierstrom-Blog zu finden:
– So funktioniert die Quartierstrom-Blockchain
– Wie entsteht der Strommarkt?
– Die Privatsphäre schützen
Steuerung über ein Web-Portal
Über ein Web-Portal können die teilnehmenden Haushalte ihre individuellen Präferenzen für den Kauf und den Verkauf jederzeit einstellen. Das Portal lieferte ihnen zudem Echzeit-Daten zu aktuellen Stromverbrauch und zur Stromproduktion ihres Haushalts und der ganzen Gemeinschaft. Zudem konnten die Teilnehmenden beobachten, wie viel Strom sie zu welchem Preis im lokalen Strommarkt bezogen haben. Das Portal gab auch einfache Handlungsanweisungen, wie die Nutzerinnen und Nutzer Kauf und Verkauf des Solarstroms beeinflussen konnten.
Weitere Informationen zum Portal und zu Nutzenden finden Sie im Quartierstrom-Blog:
– Das Quartierstrom-Portal
Untersuchung des Nutzerverhaltens
Welche Bedürfnisse an einen lokalen Strommarkt haben die Besitzer von Photovoltaikanlagen, und welche die Stromkäufer? Wie muss die Nutzeroberfläche konzipiert sein? Wie intensiv setzen sich die Teilnehmer mit den dargestellten Informationen auseinander? Mit welchen Argumenten lassen sich potenzielle Marktteilnehmer überzeugen mitzumachen?
Diesen Fragen ging das Projekt Quartierstrom nach und liess die Erkenntnisse direkt in die Gestaltung der Benutzeroberfläche des Quartierstrom-Portals für die Haushalte einfliessen. Zudem wurde während des Feldversuchs die Akzeptanz und das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer in der Praxis beobachtet.
Weitere Informationen zum Nutzerverhalten sind im Quartierstrom-Blog zu finden:
– „So ticken die Nutzerinnen und Nutzer“
– „Forsetzung erwünscht“ (Nutzerporträt)
– „Strommanagerin mit Begeisterung“ (Nutzerporträt)
– «Bei schönem Wetter können wir unseren Strombedarf fast vollständig decken» (Videoporträt Teilnehmer)
Die Projektbeteiligten
Das innovative Pilotprojekt wurde von Hochschulen und verschiedenen Unternehmen zusammen mit dem WEW umgesetzt und vom Bundesamt für Energie BFE im Rahmen des Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprogramms unterstützt.
Sandro Schopfer, Projektleiter, Bits to Energy Lab, ETH Zürich |
«Das Ganze ist grösser als die Summe seiner Teile: Communities aus Prosumenten und Konsumenten sind wirtschaftlich und ökologisch gesehen effizienter als einzelne Haushalte. Eine solche Community zu bauen ist eine interdisziplinäre Aufgabe, welche wir zusammen mit dem EW Walenstadt zum ersten Mal umsetzen.»
Christian Dürr, Geschäftsleiter Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt |
«Mit dem Quartierstromprojekt wollen wir die Stromlogistik verkürzen und einen Teil der ersparten Logistikkosten jenen zukommen lassen, die in Photovoltaikanlagen und Speichersysteme investieren. Damit soll ein lokaler Markt entstehen wie wir ihn von anderen Branchen her kennen – einzig die Abwicklung über die Blockchain ist dann noch neuartig.»
Das Projekt „Quartierstrom“ (2018-2020) wurde im Rahmen des Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprogramms vom Bundesamt für Energie BFE unterstützt.